Am 9. Oktober 2023 startete die Petition zur Einführung einer
Europäischen Vermögenssteuer.
Diese Forderung
richtete sich an die Europäische Kommission (Link).
Über den Zeitraum
von einem Jahr hatten Medienschaffende, Sozialpolitiker:innen und
Verbände die Möglichkeit, der Öffentlichkeit dieses Thema
näherzubringen.
Einer der
Initiatoren war Thomas Piketty. Zumindest dieser Ökonom sollte
Menschen, die sich mit Finanz/-Sozialpolitik beschäftigen, ein
Begriff sein.
Ein Blick in die
Onlinesuchmaschinen zeigt, dass außer den „Deutschen
Wirtschaftsnachrichten“, „NZZ“, „LeMonde“ und „FAZ“,
keine Medien über diese Petition berichteten.
In den
linksliberalen Printmedien gab es keine Auseinandersetzung mit der
Forderung.
Piketty polarisiert,
sicher. Daher wäre ein „pro/contra“ spannend gewesen.
Das Thema „Reiche
und Vermögenssteuer“ wurde ausgiebig erwähnt, auch in der
Tagesschau oder im Deutschlandfunk.
Nur der Ansatz zum
Handeln fehlte. Auch wenn Onlinepetitionen nur eine gewisse
Reichweite/Aussagekraft haben und Risiken bergen, diese Petition
richtetet sich an die Europäische Kommission, mit einem ähnlichen
Handlungsspielraum wie einer Eingabe an den entsprechenden Ausschuss
des Deutschen Bundestages.
Anscheinend war
dieses Thema zu komplex, und es wurde lieber über die Petition zur
Wiederholung eines Fußballspiels bei der EM berichtet.
In der DLF Sendung
„Nach Redaktionsschluss“ erklärte ein Redakteur, dass sein
zeitlicher Rahmen für ein Nachfassen bei Interviews begrenzt sei.
Also sieht es so aus, als wenn Journalist:innen in Qualitätsmedien und dem ÖRR nicht die Möglichkeit haben, innerhalb eines Jahres die Petition eines weltweit bekannten Ökonomen zur Kenntnis zu nehmen, und einen Diskurs darüber anzuregen.
Auch die Verbände und Sozialpolitiker:innen sollten sich fragen, ob sie sich in der Lage sehen, die Herausforderungen der sozial-ökologischen Transformation so zu begleiten, dass die Mehrheit in diesem Land abgeholt wird.
Die libertäre
Vertreter:innen aus Politik und Wirtschaft können sich aktuell
entspannt zurücklehnen.
Der Ausschuss der
Europäischen Kommission braucht sich nicht mit dem Thema
Vermögenssteuer auseinanderzusetzen.
Von den ca. 427
Millionen wahlberechtigten EU Bewohner:innen haben sich 349.000
beteiligt, also 0,08 Prozent. Und die erforderlich Quoren in sieben
Ländern wurden nicht erreicht.
Somit sind 99,92
Prozent der Bewohner:innen in der EU damit einverstanden, dass
(Super)Reiche fiskalisch nicht verstärkt in die Verantwortung zu
nehmen sind. Das ist doch mal eine (polemische) Aussage.
Zum Abschluss ein wenig Hoffnung. Mehr als 100.000 Menschen haben in Deutschland die Petition gegengezeichnet, und das Quorum wurde erreicht. Würden die gleiche Anzahl von Unterschriften bei einer Petition an den Deutschen Bundestag zustande kommen, wäre es ein riesen Erfolg!
Vielleicht erkennen Sozialpolitiker:innen und Verbände das Potential und handeln zielgerichteter. Es bleiben 11 Monate bis zur Bundestagswahl, um Handlungsspielräume aufzuzeigen.
Danach kommen nur Erhöhungen der Sozialabgaben und Leistungskürzungen, die dann Futter für die Wahlkampfteams der Populisten sind.
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