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Sonntag, 31. Mai 2020

Die verlorene Generation

Im Zusammenhang mit der Coronakrise wird häufig die „verlorene Generation“ erwähnt.
Gemeint
ist damit die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland , bedingt durch die Schließung von Kitas und Schulen.

Nicht nur für junge Menschen ist dies eine belastende Zeit. Viele von Ihnen kommen zum ersten Mal mit einer Krise in Berührung, und dann noch mit einer der größten der letzten Jahrzehnte. Sie erleben, dass ihre Eltern und andere Erwachsene Rat-und hilflos vor den Herausforderungen stehen. Eine große Zahl von Menschen hat ihren Job verloren, oder fürchtet den Jobverlust in den nächsten Monaten. Viele fragen sich, wie unsere wirtschaftliches und sozialpolitisches System mit den monetären Belastungen fertig werden soll.

Und ja, es ist bitter wenn sich der Ausbildungs- oder Studienplatz nicht realisieren lässt oder das Auslandssemester ausfällt.

In vielen Fällen handelt es sich jedoch um einen Aufschub, nicht um einen Verlust.

Die Krise wird weitreichende Folgen haben, ja. Es wird in naher Zukunft jedoch auch einen Impfstoff geben. Es wird auch wieder wirtschaftliches Wachstum geben, ob nun nachhaltig, oder in der gewohnten Form. Wir Menschen der Nordhalbkugel des Planeten werden vielleicht einen Teil unserer Komfortzone verlieren. Uns war bereits vor der Pandemie bewusst, dass es nicht ewig so mit unserem Lebensstandard weitergehen kann.
Ein Virus als Ausrede für unsere Verfehlungen zu benutzen, und jungen Menschen zu Beginn ihres Lebens einzureden, dass sie zeitlebens verloren sein werden, ist schlicht falsch. Wozu Veränderungen zum Besseren anstreben, wenn man eh verloren ist?

Und, seien wir ehrlich. Wir haben wenigstens eine Komfortzone, die in ihrer Existenz bedroht ist.
Was ist mit den Menschen auf dem afrikanischen Kontinent, im Jemen oder in Syrien? Seit Jahrzehnten haben wir mit geostrategischer Politik und Waffenlieferungen in diese Regionen unseren Wohlstand aufgebaut. Haben uns die „verlorenen Generationen“ in diesen Ländern interessiert? Die Fischer in Somalia? Die Näherinnen in Bangladesch?
Wie viele Generationen sind dort vom Klimawandel betroffen? Wie viele Generationen von Frauen wurden ihrer Rechte durch Zwangsverheiratung oder Ehrenmord beraubt. Haben wir uns Gedanken darüber gemacht, was dort alles verloren ging? Als wir den „All Inclusive“ Urlaub in diesen Ländern buchten? Oder das 1 Euro T-Shirt nach einmaligen Tragen wegschmissen?

Wenn es uns nicht gelingt, über diese Fragen nachzudenken und Lösungen zu entwickeln, dann sind wir vielleicht alle verloren.


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