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Freitag, 24. September 2021

Fickende Affen

Wie in meinem vorherigen Beitrag beschrieben, habe ich mich vor Jahren ehrenamtlich für eine Umweltorganisation engagiert.

Da stand ich nun, in dem Affenhaus des großen Tierparks in Hamburg. Die Mandrillen waren mit ihren Gesichtsfarben die Stars in der Manege.
In meiner dunklen Ecke konnte ich da nicht mithalten. Somit war aktive Ansprache der Tierparkbesucher:innen gefragt. Das funktionierte soweit gut. Es gab Spenden, Unterschriften etc.

Dann kam eine Familie in das Haus. Die Kinder liefen durch den Raum, und dem Vater fiel ein kopulierendes Affenpärchen auf. „Kuck ma, die Affen ficken“ schallte es von ihm begeistert durch den Raum.
Es war die Zeit vor den Smartphones. Somit musste der interessierte Beobachter, ja maskulin, ganz dicht an die Scheibe herantreten, und die Eindrücke abspeichern.

Ich stand, im wahrsten Sinne des Wortes, im Hintergrund und wurde gar nicht beachtet.

Der Rundgang führte die Familie an meinem Stand vorbei. Ich entschied, nicht proaktiv das Gespräch zu suchen, und blieb still.
Man(n) schaute quasi durch mich durch, und da ich auch nicht durch Bewegungen auf mich aufmerksam machte, verließ die Gruppe das Haus, ohne mich im Geringsten beachtet zu haben.

Der Bundestagswahlkampf 2021 hat mich einige Male an diese Situation damals erinnert. Es gibt bedauerlicherweise Menschen, deren Auffassungsgabe nur für das Betrachten von bunten Bildern reicht. Und die Parteien versuchen verzweifelt, diese Bevöklerungsschicht zu erreichen.

Das kann unterhaltsam sein.

Wir haben jedoch in unserer Gesellschaft einen Punkt erreicht, der nicht mehr lustig ist.

Hängt die Grünen“, „Nazi’ töten“, „Feminismus, Ihr Fotzen“, „Spacken“ sind Provokationen unter der Gürtellinie. Kein politischer Diskurs.
Ja, ich verstehe die sarkastische Gegenreaktion auf die unsägliche Aktion einer rechtsradikalen Partei. Ich selber habe einen provokanten Titel für diesen Blogbeitrag gewählt. Und manchmal regt Provokation zum Nachdenken an. Manchmal wird jedoch auch das Gegenteil damit erreicht.

Menschen, die sich an „fickenden Affen“ erfreuen haben eventuell Probleme, die Nuancen im Bereich der Satire zu erkennen. Und sie möchten auch nicht viel Nachdenken.

Somit verflacht der Sprachgebrauch in der Öffentlichkeit immer mehr, um die Aufmerksamkeit bildungsferner Bevölkerungsschichten zu erlangen. Die Wortwahl wird immer bildhafter und drastischer. Auch von Seiten der demokratischen Parteien in diesem Land. Eine Umkehr von Seiten der Medien oder der Parteien ist nicht in Sicht.

Beiträge wie diese enden meist mit der Forderung nach mehr Bildung. Und ja, ich stimme zu. Wenn die Parteien nur die Hälfte Ihre Werbeetats und Ihrer Zeit nicht in den Wahlkampf, sondern in Bildungsprojekte investiert hätten, wäre uns allen geholfen.
Meiner Meinung nach greift diese Forderung dennoch zu kurz.
Ohne ein vorhandenes Interesse und eine gewisse Neugier lässt sich der Mensch nun mal nicht bilden. Und ein Teil unserer Gesellschaft möchte nur sein schlichtes Welbild bestätigt sehen. Mehr nicht.

Vielleicht sollten wir einige Menschen auf ihrer Suche nach fickenden Affen einfach vorbeiziehen lassen.

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