Es heißt, Corona spaltet unsere Gesellschaft.
Meiner Ansicht nach war die Spaltung bereits vorher existent.
Seit 30 Jahren diskutieren wir über die Lebensbedingungen in Ost und West, Gender-Gap, Bildungspolitik, sowie die Integrationspolitik.
Auch
ibeim Umweltschutz gibt es es seit Jahrzehnten Unstimmigkeiten.
Die
Merkel-Jahre erstickten dann politische Auseinandersetzungen, zum
Beispiel über die Verfehlungen der Schöder-Ära. Politischer
Konsens wurde zur Spachtelmasse.
2015, durch die
Herausforderungen der Politik für Geflüchtete, platzte die Blase
der „nationalen Selbstzufriedenheit“, und die Konflikte, die über
Jahre zugespachtelt wurden, kamen zum Vorschein. Schon damals zeigte
sich, dass unsere Gesellschaft das konstruktive Streiten verlernt
hatte, und das Beleidigungen als Mittel der Kommunikation dienten.
Der
Wahlerfolg von Trump, bzw. bei uns der Erfolg der AfD, beschleunigten
dann die negative Entwicklung beim Diskurs.
Auch bei
Friday for Future zeigte sich deutlich eine Verrohrung der
politischen und gesellschaftlichen Debatte.
Es
gab immer schon Spannungen und Zerwürfnisse in der Gesellschaft.
Früher beim wöchentlichen Treffen in der Stammkneipe ausgetragen,
werden jetzt in Sekundenschnelle Anfeindungen über die sozialen
Medien ausgetauscht.
Und ja, die Coronakrise ist ein
Brennglas, dass das politischesund gesellschaftliche Versagen in den
Fokus rückt.
Mein Eindruck ist, dass es einem bestimmten
Typus Mensch absolut egal ist, wen er beleidigt, diffamiert und, in
letzter Zeit leider verstärkt, bedroht.
Es sind Menschen, die
sich in unsere Gesellschaft nicht wiederfinden, und diese deshalb
ablehnen. Egal ob Greta, Lauterbach, vegan, schwul oder Corona. Diese
Menschen gab es immer, und wird es auch immer geben.
Kann
man diese Menschen in unsere Gesellschaft zurückholen? Und wenn ja,
wie?
Sicher nicht, in dem Impfgegner:innen jetzt auf Twitter als
„Querficker“ bezeichnet werden.
Gibt es eine
politisch und moralisch korrekte Beleidigung? Meiner Ansicht nach
nicht.
Und eine Person, die an einem MRNA-Impfstoff zweifelt,
sich selbst isoliert, und sich mit einem Tot(viren)impfstoff impfen
lassen möchte, dann auf Twitter als Impfgegner:in zu bezeichnen, ist
genauso platt, wie bei Telegram zu behaupten, dass „alle Nafris
Verbrecher sind“.
Ich befürchte, diese Dynamik ist
nicht mehr zu stoppen. Menschen darauf anzusprechen, dass sie sich in
ihrem Zorn verrennen, bringt nichts. Zumal Einige ja bewusst ihre
Empörung in die Welt der sozialen Medien brüllen, um ihre „Range“
zu erweitern. Die klassischen Medien geben mit ihren Teasern auch
nicht immer eine glückliche Figur ab.
Wir
sollten in Zukunft genauer hinschauen, wem wir folgen oder zuhören
Das jemand „links“ ist, bedeutet nicht per se, dass er oder sie
ein guter Mensch ist. Auch auf dieser politischen Seite gibt es
bornierte und unhöfliche Menschen.
Zu hoffen, dass die
Schwurbler, Reichsbürger und militanten Rechten durch eine
Überwachung von Telegram verschwinden werden, wäre naiv. Trumps
„True social“ wartet schon.
Solange weder Politik und Gesellschaft in der Lage sind, Fehleinschätzungen zuzugeben, wird sich die angespannte Lage nicht verbessern. Im Gegenteil, sie wird sich weiter zuspitzen.
Bleibt
nur, bei uns selbst anzufangen. Kurz durchatmen vor dem Weiterleiten
eines Empörungsposts, Gegenargumente akzeptieren, abwägen und,
falls erforderlich, Fehleinschätzungen zuzugeben.
Viel
Erfolg!
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