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Sonntag, 12. Dezember 2021

Furor

Es heißt, Corona spaltet unsere Gesellschaft.

Meiner Ansicht nach war die Spaltung bereits vorher existent.

Seit 30 Jahren diskutieren wir über die Lebensbedingungen in Ost und West, Gender-Gap, Bildungspolitik, sowie die Integrationspolitik.

Auch ibeim Umweltschutz gibt es es seit Jahrzehnten Unstimmigkeiten.

Die Merkel-Jahre erstickten dann politische Auseinandersetzungen, zum Beispiel über die Verfehlungen der Schöder-Ära. Politischer Konsens wurde zur Spachtelmasse.

2015, durch die Herausforderungen der Politik für Geflüchtete, platzte die Blase der „nationalen Selbstzufriedenheit“, und die Konflikte, die über Jahre zugespachtelt wurden, kamen zum Vorschein. Schon damals zeigte sich, dass unsere Gesellschaft das konstruktive Streiten verlernt hatte, und das Beleidigungen als Mittel der Kommunikation dienten.

Der Wahlerfolg von Trump, bzw. bei uns der Erfolg der AfD, beschleunigten dann die negative Entwicklung beim Diskurs.
Auch bei Friday for Future zeigte sich deutlich eine Verrohrung der politischen und gesellschaftlichen Debatte.

Es gab immer schon Spannungen und Zerwürfnisse in der Gesellschaft. Früher beim wöchentlichen Treffen in der Stammkneipe ausgetragen, werden jetzt in Sekundenschnelle Anfeindungen über die sozialen Medien ausgetauscht.

Und ja, die Coronakrise ist ein Brennglas, dass das politischesund gesellschaftliche Versagen in den Fokus rückt.

Mein Eindruck ist, dass es einem bestimmten Typus Mensch absolut egal ist, wen er beleidigt, diffamiert und, in letzter Zeit leider verstärkt, bedroht.
Es sind Menschen, die sich in unsere Gesellschaft nicht wiederfinden, und diese deshalb ablehnen. Egal ob Greta, Lauterbach, vegan, schwul oder Corona. Diese Menschen gab es immer, und wird es auch immer geben.

Kann man diese Menschen in unsere Gesellschaft zurückholen? Und wenn ja, wie?
Sicher nicht, in dem Impfgegner:innen jetzt auf Twitter als „Querficker“ bezeichnet werden.

Gibt es eine politisch und moralisch korrekte Beleidigung? Meiner Ansicht nach nicht.
Und eine Person, die an einem MRNA-Impfstoff zweifelt, sich selbst isoliert, und sich mit einem Tot(viren)impfstoff impfen lassen möchte, dann auf Twitter als Impfgegner:in zu bezeichnen, ist genauso platt, wie bei Telegram zu behaupten, dass „alle Nafris Verbrecher sind“.

Ich befürchte, diese Dynamik ist nicht mehr zu stoppen. Menschen darauf anzusprechen, dass sie sich in ihrem Zorn verrennen, bringt nichts. Zumal Einige ja bewusst ihre Empörung in die Welt der sozialen Medien brüllen, um ihre „Range“ zu erweitern. Die klassischen Medien geben mit ihren Teasern auch nicht immer eine glückliche Figur ab.

Wir sollten in Zukunft genauer hinschauen, wem wir folgen oder zuhören Das jemand „links“ ist, bedeutet nicht per se, dass er oder sie ein guter Mensch ist. Auch auf dieser politischen Seite gibt es bornierte und unhöfliche Menschen.
Zu hoffen, dass die Schwurbler, Reichsbürger und militanten Rechten durch eine Überwachung von Telegram verschwinden werden, wäre naiv. Trumps „True social“ wartet schon.

Solange weder Politik und Gesellschaft in der Lage sind, Fehleinschätzungen zuzugeben, wird sich die angespannte Lage nicht verbessern. Im Gegenteil, sie wird sich weiter zuspitzen.

Bleibt nur, bei uns selbst anzufangen. Kurz durchatmen vor dem Weiterleiten eines Empörungsposts, Gegenargumente akzeptieren, abwägen und, falls erforderlich, Fehleinschätzungen zuzugeben.

Viel Erfolg!

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