Viele neue Namen in der Arbeitswelt -
Die Herausforderungen bleiben die gleichen.
Sprache
ändert sich im Laufe der Zeit. Häufig um einen Zustand konkreter,
oder eine Person präziser zu beschreiben.
Sprache
wird
allerdings auch als
Nebelkerze verwendet, um von einem Zu-bzw Umstand abzulenken.
Ich
erinnere
mich an die Meldungen im Radio, die ich als Kind
hörte.
„Sicherheitsschuhe und Arbeitspapiere seien
mitzubringen“, hieß es da.
Gemeint
waren die Arbeiter, die für das Entladen der Schiffe im Hamburger
Hafen benötigt
wurden, stunden- bzw. tageweise. Später,
in
meiner
Ausbildung, habe ich diesen Arbeitertyp kennengelernt. Den
„unständig“ Beschäftigten (Quelle). – Wikipedia.
Wie
unter
dem Link aufgeführt,
wurde seinerzeit
die
Sozialversicherungspflicht
für unständig Beschäftigte eingeführt, da Menschen die sich
vorher
als Tagelöhner verdienten,
nicht abgesichert waren. „Tagelöhner“,
der Begriff
ist
bildhaft.
Der
Lohn wird für den Arbeitstag
gezahlt.
Kein
festes Beschäftigungsverhältnis.
Kein
formeller Arbeitsvertrag, der
die Entlohnung garantiert.
In
den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts bildeten sich die
Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten stärker heraus.
Hinzu kamen dann noch die Beamten. Es
gab formelle Arbeitsverträge, die Gewerkschaften gewannen an
Einfluss.
Bis
in
die 1990er
waren die Regeln in der Arbeitswelt relativ klar. Für die gut
Gebildeten gab es gut bezahlte
und sichere
Arbeitsplätze Ja, bewusst das Wort
Arbeits-Platz.
Denn,
egal ob in der freien Wirtschaft, oder im öffentlichen Dienst. Die
Beschäftigung hatte einen
festen
Platz
im (Arbeits)Leben.
Bedingt durch Aufbruchsstimmung der Nachkriegszeit und dem daraus resultierenden Wirtschaftswunder war die Arbeit, das (Er)Schaffen und das Streben nach Erfolg ein zentraler Punkt im Leben von nahezu zwei Generationen.
Bei
den Arbeitern
sah das zum
Teil anders aus. Die Beschäftigten in der Montanindustrie oder auf
den Werften waren in
den 1970er
einem großen Wandel, und damit dem Abbau von Arbeitsplätzen,
ausgesetzt.
Die Arbeiter:innen
in der Automobilindustrie hingegen, hatten lange Zeit quasi
eine
Beschäftigungsgarantie.
Im
Ruhrgebiet, und an den
Küsten
bildete sich eine Art „Arbeiterethos“. Die Gewerkschaften
erkämpften diverse Lohnabschlüsse.
Durch die Wiedervereinigung vor drei Jahrzehnten kam es für ostdeutschen Arbeitnehmer:innen zu großen Umbrüchen in der Erwerbsbiografie. Im Klartext, sie wurden arbeitslos.
Die
Einführung von Hartz-IV führte
zu einem Anstieg der
Beschäftigungsrate. Immer
mehr Menschen fanden einen Job. Das
sich Unternehmen aufteilten, um sich der Arbeitnehmervertretung
(Betriebsrat) oder den Flächentarifverträgen
zu entziehen, fiel erst später auf. Dann nämlich, als
herausgefunden wurde, dass Tarife, Löhne und Gehälter eine negative
Entwicklung nahmen.
Immer Menschen hatten Arbeit, Durchschnittsverdiener mussten jedoch Einbußen hinnehmen (Quelle)
In
den frühen 2000er Jahren hielt dann die Digitalisierung
Einzug. Da der Begriff „Arbeitsplatz“ für die „New Economy“
zu brav klang, wurden in dieser Branche der „StartUps“,
„Unicorns“ und „Playern“ neue „Jobs“ geschaffen. Die
Crowdworker der digitalen Arbeitswelt brauchte
keinen festen
Platz, nur eine Docking-Station und eventuell
einen Kickertisch.
Die
einst sicheren Arbeitsplätze bei Behörden, Banken und
Versicherungen wurden durch die beginnenden Digitalisierung
reduziert.
Dienstleitungen wurden in (außer)europäische Callcenter
ausgelagert.
Im
Jahr 2000
platzte
die
New Economy Blase (Dotcom-Krise),
acht
Jahre später entsandt durch die Pleite der Lehmann Bank eine weitere
Wirtschaftskrise.
Seit
2020 führt die Corona-Pandemie zu starken Verwerfungen.
Diese
drei Krisen haben eines gemeinsam. Im Gegensatz zu dem weiter oben
erwähnten „Wirtschaftswunder“ gibt es jetzt nichts Neues mehr zu
erschaffen. Wir haben alles. Den Produktionsvorteil bei erneuerbaren
Energien haben wir aus der Hand gegeben, die Digitalisierung im
Dienstleitungsbereich verschlafen, und der
Transformationsprozess bei der Automobilindustrie steht noch
aus.
Aktuell
ist
ersichtlich,
dass
es Deutschland nicht gelungen ist,
durch die Digitalisierung effizienter zu werden. Sei es im
Bildungsbereich, oder bei den
administrativen Arbeiten der öffentlichen Hand.
Jetzt
wird über abstrakte
Begriffe wie Plattformökonomie
und informelle Arbeit berichtet.
Manchmal
habe ich den Eindruck, dass diese Begriffe erschaffen wurden, damit
die Betroffenen nicht merken,
dass über sie gesprochen wird.
Die
Plattformökonomie hat unbestreitbar Vorteile für die Beschäftigten.
Flexible
Arbeitszeiten, die viel gepriesene Selbstbestimmung.
Was ist
jedoch mit der Mitbestimmung? Während in der IT-Branche die
Nachfrage nach Fachkräften zu meist guter
Bezahlung
führt, sieht es beispielsweise
bei
den Lieferdiensten überwiegend anders aus (Quelle).Immer
weniger Arbeitnehmer an Tarifverträge gebunden | BR24
Bleibt
zu hoffen, dass die informelle Arbeit nicht wieder Einzug in unsere
Arbeitswelt hält, denn das wäre ja wieder Tagelöhnerei (Quelle).
Journalist:innen
haben in
ihrem Umfeld mitbekommen, wie
Jobs in der Kreativbranche, ausgelöst
durch
die
Pandemie,
wegbrachen.
Jetzt besteht ein größeres Interesse an „working
poor“ und „Arm trotz Arbeit.
Der
Deutschlandfunk widmet sich im Rahmen seiner „Denkfabrik“
ausführlich dem Thema „Zukunft der Arbeit“.
Und
die Diskussion ist auch dringend erforderlich.
Die
Arbeitswelt steht vor einem großen Transformationsprozess. Viele
gute bezahlte Jobs werden wegfallen z.B in der
Branche "Gewinnung
von Erdöl und Erdgas"
oder
in
der"Kokerei
und Mineralölverarbeitung" (Quelle)
Warum ist es wichtig die Entwicklung bei den Tarifverträgen und Gehältern kritisch zu beobachten?
Weil sich unser Sozialstaat aus Beiträgen, Umlagen und Steuern finanziert.
Jede
Einkommenseinbuße
im Arbeitsleben führt eher zu Altersarmut.
Und eine alte
Gesellschaft bedarf medizinischer Versorgung. Diese
muss bezahlt, sprich erwirtschaftet werden. Und
sie muss für die Betroffenen bezahlbar sein.
Wir können von einem bedingungslosen Grundeinkommen träumen, oder uns dem Transformationsprozess stellen. Wir als Gesellschaft in der Summe von Verbraucher:innen, Arbeitnehmenden, Gewerkschaften, als auch Vertreter:innen aus Politik und Wirtschaft.
Wie
können Arbeitnehmende ihre Jobs behalten? Wie können
Arbeitssuchende Jobs finden? Durch welche Stellschrauben in der
Politik kann der Mangel an Fachkräften reduziert werden? Was ist
gerechte Bezahlung? Wie wird eine lebenswerte Rente erwirtschaftet?
Bei der Beantwortung dieser Fragen helfen uns verbale
Nebelerzen nicht weiter.